Experimentierkunst mit Reibungselektrizität
Erfurt. Als 1663 Monsieur de Monconys aus Lyon den damaligen Bürgermeister von Magdeburg, Otto von Guericke, besuchte und sich einige Experimente mit der von ihm erdachten Schwefelkugel vorführen ließ, begann die Zeit der Experimentierkunst mit der Reibungselektrizität.
Monconys berichtet dazu: „… dass die Kugel nach ein wenig Reiben allerlei Blättchen verschiedener Gemüsearten und eine Flaumfeder angezogen habe und, was das Belustigendste war, die Flaumfeder habe zurückfallen lassen und dann erneut angezogen habe, und dies dauernd ohne Ende“.
Von kosmologischen Betrachtungen ausgehend, demonstrierte Guericke seine Schwefelkugel in einer für die Geschichte der Elektrizität bedeutsamen Zeitepoche, die um die Wende des 16. Jahrhunderts durch die denkwürdigen Versuche des englischen Arztes William Gilbert eingeleitet wurde und gegen Ende des 18. Jahrhunderts mit der Entdeckung der Kontaktelektrizität durch Alessandro Volta ihren Ausklang fand.
An den Geschehnissen jener Zeit haben hervorragende Gelehrte aus den verschiedenartigsten Berufen begeisterten Anteil genommen. Es waren Apotheker und Ärzte, Künstler und Philosophen, Botaniker und Philologen sowie Mathematiker und Physiker, die die wundersamen und oft viel bestaunten Experimente erstmals durchdacht und dann beobachtet und beschrieben haben. So konnte nicht
wichtigen Erkenntnis führten, dass die von einer Gewitterwolke ausgehende Blitzmaterie elektrischer Natur sein müsse und über eine Wetterstange gefahrlos abgeleitet werden könne. In dieser Zeit wurde auch die zündende Wirkung eines elektrischen Funkens, das elektrische Feuer, entdeckt. Es erregte größtes Aufsehen, nachdem bekannt wurde, dass solches Feuer sogar einer elektrisierten Person – wenn auch von brennendem und stechendem Schmerzgefühl begleitet – entnehmbar sei.Später sind dann, vor allem auf Anregung von Joseph Priestley, mit Hilfe großer Leydener Flaschenbatterien elektrische Funken beachtlicher
Stärke und Länge erzeugt und ihre explosionsartigen Wirkungen untersucht worden. Die größte Anlage dieser Art wurde im Jahre 1785 auf Veranlassung von Martimus van Marum gebaut, mit der elektrische Funken bis zu einer Länge von 60 cm – entsprechend einer Gleichspannung von etwa 600 kV – erzeugt und dünne Eisendrähte bis zu 4,5 m Länge verdampft werden konnten. Dabei konnten erstmals magnetische und chemische Phänomene einer strömenden Elektrizität beobachtet werden.
Karl-Friedrich Dummer
Thüringer Elektromuseum Erfurt e.V.